Die Beteiligung von Firmen an israelischer Administrativhaft: G4S
Entstanden aus der Fusion der Group 4 Falck und Securicor in 2004, ist G4S die größte Sicherheitsfirma der Welt und mittlerweile in 125 Ländern tätig.[1] Die Firma operiert in Palästina und innerhalb der Grenzen von 1948 durch ihren Tochterkonzern G4S Israel.[2] 2007 hat G4S einen Vertrag mit den israelischen Gefängnisbehörden für Sicherheitssysteme und Dienstleistungen in allen großen israelischen Haftanstalten und Gefangenenlager für Ausländer abgeschlossen. G4S ist gegenwärtig in mehreren Gefängnissen und Gefangenenlagern tätig, wo Palästinenser ohne Anklage oder Gerichtsverhandlungen in Administrativhaft gehalten werden. Eine Administrativhaft beginnt meist mit einer sechsmonatigen Haftstrafe, kann aber unbegrenzt verlängert werden.
Gefängnisse & Gefangenenlager für MigrantInnen: G4S ist für die Sicherheitssysteme in den Gefängnissen Ketziot, Damon und Meggido sowie im ‚russischen Lager’ (Al-Moskobiyeh) und im Gefangenenlager und Verhörzentrum Kishon (Al-Jalameh) verantwortlich.[3] G4S leitet in diesen Einrichtungen nicht nur die Kontroll- und Überwachungssysteme sondern ist auch für Besuche und CCTV Systeme verantwortlich.[4] Außerdem betreibt G4S die Sicherheitssysteme und einen zentralen Kontrollraum im Hasharon- Bezirk des Rimonim Gefängnisses, das einen Trakt mit palästinensischen politischen Gefangenen hat.[5]
Mitschuld an Folter: Die von G4S betriebenen Haftanstalten Al-Moskobiyeh und Al-Jalameh sind bekann dafür, dass dort Erwachsene und sogar Kinder gefoltert werden.[6] Ein paar aktuelle Beispiele: 2013 starb der Gefangene Arafat Jaradat nachdem er von israelischen Vernehmungsbeamten in Al-Jalameh gefoltert wurde.[7] Loai Ashqar wurden während einer Administrativhaft in Al-Jalameh im Jahre 2005 drei Rückenwirbel gebrochen, sein linkes Bein ist seitdem dauerhaft gelähmt.[8] Nach israelischem Militärrecht können Gefangene bis zu 60 Tage lang verhört werden ohne mit einem Anwalt sprechen zu dürfen, das verhindert effektiv jegliche Kontrolle der Verhörmethoden.
Militärgerichte: G4S gründete und betreibt einen zentralen Kommandoraum und eine externe Verteidigungsanlage im Ofer Gefängnis in der Westbank.[9] Dort sind auch israelische Militärgerichte untergebracht, die Haftbefehle ausstellen.
Administrativhäftlinge: In allen Gefängnissen und Gefangenenlagern, in denen G4S tätig ist, waren Administrativhäftlinge untergebracht. Anfang März 2013 befanden sich 70 Administrativhäftlinge in Ketziot, 56 in Ofer und 27 in Megiddo.
Inhaftierung in den 1948 Territorien: Die Gefängnisse Ketziot, Megiddo, Al-Jalameh, Al-Moskobiyeh und Hasharon-Rimonim liegen alle innerhalb der Grenzen von 1948.
Israels Politik, politische Gefangene aus der Westbank und dem Gazastreifen in diesen Gefängnissen zu inhaftieren verstößt gegen internationales Recht, insbesondere gegen Artikel 76 der vierten Genfer Konvention, der den Transfer von Häftlingen aus besetzten Gebieten untersagt. In Kombination mit dem restriktiven Genehmigungssystem, das Israel benutzt, führt dieser Transfer dazu, dass viele Häftlinge wenige oder keine Besuche von ihren Familien bekommen.[10]
Ein Aufruf zum Handeln: Im April 2012 sind tausende von Palästinensern in Hungerstreik getreten um gegen Administrativhaft, Isolationshaft, und Beschränkungen für Familienbesuche zu protestieren. 12 Palästinensische Organisationen der Zivilgesellschaft haben die internationale Solidaritätsbewegung dazu aufgefordert G4S für seine aktive Beteiligung an Verstößen gegen internationales Recht und gegen die Menschenrechte in israelischen Gefängnissen und Gefangenenlagern zur Rechenschaft zu ziehen.[11] Der Aufruf ist Teil der palästinensischen Kampagne für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel.
Die Wirksamkeit von internationalem Druck: Internationaler Protest gegen G4S hat dazu geführt, dass der Konzern Geschäftspartner in Europa verloren hat, wie zum Beispiel mit der Universität Oslo, dem Dundee Studentenwerk, und dem britischen Energiekonzern Good Energy.[12] Mehrere niederländische Hilfsorganisationen haben angekündigt, dass sie keine Spenden von G4S mehr annehmen würden. In einem Fall hat sich G4S schon dem öffentlichen Druck gebeugt: Der Konzern versprach, sich aus Geschäften mit Siedlungen und Checkpoints in der besetzten Westbank zurückzuziehen. Allerdings wurde bisher kein genauer Termin für die Beendigung der Verträge bekanntgegeben, und G4S ignoriert jegliche Kritik an seiner Rolle in Gefängnissen innerhalb der Gebietsgrenzen von 1948 und in der Westbank bislang vollkommen.[13]
Kinder in Administrativhaft im Profil:
Emad Al-Ashhab: Im Alter von 17 wurde Emad verhaftet und musste aufgrund von vier aufeinander folgenden Haftbefehlen fast ein Jahr lang in Administrativhaft verbringen. Am Tage seiner Verhaftung haben israelische Soldaten ihm einen Wollsack über den Kopf gezogen, seine Hände und Füße gefesselt und ihn am ganzen Körper mit einem Stock geschlagen. Außerdem haben sie seine Hand mit Zigaretten verbrannt.[14] Eine Umfrage unter 50 inhaftierten Kindern, die die Nichtregierungsorganisation Defense for Children International zwischen 2000 und 2001 durchgeführt hat, ergab, dass 100% der Kinder gefoltert worden sind, und dass 95% während der Festnahme von Soldaten geschlagen wurden.[15] Emad war in dem von G4S betriebenen Gefängnis Ofer inhaftiert.
Salwa Salah: Salwa war 16 Jahre alt, als sie in Bethlehem gewaltsam von israelischen Soldaten und Mitgliedern des israelischen Geheimdienstes (ISA) entführt wurde. Sie wurde sieben Monate lang in Administrativhaft im Gefängnis Damon festgehalten, welches ebenfalls von G4S betrieben wird. Nachdem sie Salwa im Gefängnis besucht hatte, erinnerte sich ihre Mutter: „Sie hat geweint und mich angefleht ihr dabei zu helfen wieder nach hause zu kommen. Sie sagte immer wieder, dass es keine Anklagepunkte gegen sie gäbe, und dass sie grundlos im Gefängnis sei. Sie wollte zurück in die Schule und war entsetzt darüber so viel Unterricht zu verpassen […] Es nahm mir die Luft zum Atmen, dass ich meine Tochter an diesem schrecklichen Ort zurücklassen musste. Ich war so bestürzt, dass ich weinen musste. Nach 30 Minuten begannen die Gefängniswärter uns anzubrüllen, dass wir das Gebäude sofort verlassen sollten. Als ob wir Tiere wären“.[16]
[1] http://www.corporatewatch.org/?lid=337
[3] Ibid.
[4] Ibid.
[6] http://www.whoprofits.org/articlefiles/WhoProfits-PrivateSecurity-G4S.pdf, p. 14-15.
[7] http://www.maannews.net/eng/ViewDetails.aspx?ID=568699
[8] http://www.addameer.org/etemplate.php?id=164
[10] http://www.addameer.org/files/Reports/administrative-detention-analysis-report-final.pdf, p. 36.
[12] http://www.bdsmovement.net/activecamps/g4s
[13] http://electronicintifada.net/blogs/adri-nieuwhof/security-firm-g4s-provides-services-israeli-prisons-police-and-army
[15] Defense for Children International – Palestine Section, Torture of Palestinian Child Prisoners: A Clear Violation of Human Rights, 2002.
[16] http://www.addameer.org/etemplate.php?id=136
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