General Factsheet - German

Randa Wahbe April 23, 2013 0

Click here for PDF

Israels Internierungs- und Haftbedingungen: Seit Beginn der israelischen Besetzung palästinensischer Gebiete in 1967 hat das israelische Militär mehr als 750.000 Palästinenser inhaftiert. Diese Zahl entspricht 40% der gesamten männlichen Bevölkerung im besetzten palästinensischen Gebiet.

Administrativhaft: Administrativhaft ist ein Verfahren, das israelischen Autoritäten erlaubt, Palästinenser ein bis sechs Monate zu inhaftieren, und die Haftbefehle gegen sie beliebig oft zu erneuern. Die Haftbefehle basieren auf Geheiminformationen, die weder den Häftlingen noch ihren Anwälten zugänglich gemacht werden. Von einer Administrativhaft machen israelische Funktionäre häufig dann Gebrauch, wenn eine Inhaftierung von Palästinensern nach den gängigen Militärkonventionen in der Westbank aufgrund mangelnder Beweise nicht möglich ist.

Unbegrenzte Administrativhaft: Unbegrenzte Administrativhaft verstößt gegen internationales Recht. Dieses erlaubt das Verhängen einer Administrativhaft durch exekutive Behörden nur im Ausnahmezustand, wenn eine reale und unmittelbare Bedrohung für die Staatssicherheit vorliegt. Solch ein Ausnahmezustand kann jedoch schon per definitionem nicht unbegrenzt andauern. Mazen Natsheh, der bislang den längsten Zeitraum in Administrativhaft verbracht hat, war jedoch seit 1994 insgesamt mehr als zehneinhalb Jahre in Haft.

Administrativhaft in Zahlen: Seit der Zweiten Intifada im Jahr 2000 haben die Fälle von Administrativhaft in Palästina deutlich zugenommen. Kurz vor Beginn der Intifada waren 12 Palästinenser in Administrativhaft. Anfang März 2003 waren es bereits mehr als 1000. Zwischen 2007 und 2011 haben israelische Behörden 8157 administrative Haftbefehle ausgestellt. Anfang 2013 waren 178 palästinensische Administrativhäftlinge in israelischer Haft, darunter neun Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates (PLC).

Administrativhaft als Störfaktor im palästinensischen Demokratisierungsprozess:

Israel hat Administrativhaft auch gegen demokratisch gewählte palästinensische Funktionäre eingesetzt. Insbesondere Mitglieder der Liste ‚Wandel und Reform’, die als pro-Hamas eingeschätzt wird, die aber auch unabhängige und nicht-muslimische Mitglieder hat, waren betroffen. Bis 2009 war fast ein Drittel der Mitglieder des PLC von israelischen Autoritäten inhaftiert. Seit 2005 wurden 20 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates in Administrativhaft genommen, sechs davon waren sogar mehrfach interniert. Nach dem israelischen Militärrecht sind alle palästinensischen Parteien illegal, weshalb alle politisch aktiven Palästinenser damit rechnen müssen, jederzeit verhaftet zu werden.

Schlechte Behandlung: Administrativhäftlinge müssen unterschiedliche Formen von Vernachlässigung und Missbrauch erdulden, dazu gehören unter anderem: mangelnde medizinische Behandlung, schlechte Haftbedingungen, beschränkter Zugang zu Rechtsberatung, ein eingeschränktes Besuchsrecht für Familienmitglieder, und Folter.

Familienbesuche: Administrativhäftlinge bekommen meist wenige oder gar keine Besuche von Familienmitgliedern. Häufig wird Familien das Besuchsrecht aufgrund von dubiosen ‚Sicherheitsgründen’ verweigert. Außerdem werden Besuche dadurch erschwert, dass Israel, entgegen dem Artikel 76 der vierten Genfer Konvention, Administrativhäftlinge in Gefängnisse und Gefangenenlager innerhalb der israelischen Staatsgrenzen von 1948 bringt. Der Artikel 76 untersagt den Transfer von Häftlingen aus besetzten Gebieten. In Kombination mit dem restriktiven Genehmigungssystem, das Israel benutzt, führt dieser Transfer dazu, dass viele Administrativhäftlinge wenige oder keine Besuche von ihren Familien bekommen.

Folter: Unter Folter gewonnene Geständnisse sind an israelischen Militärgerichten und Tribunalen zulässig. Seit 1967 sind 72 Häftlinge infolge von Folter gestorben. Nach israelischem Militärrecht können Gefangene bis zu 60 Tagen verhört werden ohne Zugang zu einem Anwalt zu erhalten, was jegliche Kontrolle der israelischen Verhörpraktiken unterbindet. Diese Praxis verstößt gegen internationales Recht.

Der Justizapparat: Administrativhaft basiert auf den Notstandsregelungen der britischen Mandatsmacht von 1945. Sie ist sowohl nach israelischem Recht, das für israelische Bürger innerhalb der Grenzen von 1948 und die 500.000 illegalen israelischen Siedler in der Westbank gilt, als auch nach israelischem Militärrecht, das für Palästinenser in der Westbank gilt, zulässig. In Praxis wird die Administrativhaft innerhalb der Grenzen von 1948 allerdings fast ausschließlich gegen Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft angewandt. Obwohl arabische Israelis ca. 20% der Bevölkerung ausmachen, werden sie nach israelischem Recht systematisch diskriminiert.

Die Verantwortung der Konzerne: Viele der Gefangenenlager und Gefängnisse wo Administrativhäftlinge untergebracht sind werden von G4S, der größten Sicherheitsfirma der Welt, betrieben. Als Teil der Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) hat die palästinensische Zivilgesellschaft die internationale Gemeinschaft zu einem Boykott von G4S, einem Investitionsstopp in den Konzern sowie zu Sanktionen gegen G4S aufgerufen, um den Konzern für seine aktive Beteiligung an Verstößen gegen internationales Recht und gegen die Menschenrechte zur Rechenschaft zu ziehen.

 

Comments are closed.